Bremslichtschalter und Co. für Fortgeschrittene
Ein Thema ist erst dann abschließend behandelt, wenn alle Aspekte der Geschichte durchgegangen worden sind. Im ersten Teil habe ich mich vorwiegend auf die Symptome beschränkt. Im zweiten Teil verfolge ich das Problem bis zu seinen elementaren Ursachen.
1. System-Diagnose
Wer über VCDS verfügt, kann komfortabel überprüfen, ob die Pedalschalter ihrer Signal-gebenden Pflicht nachkommen, d.h. ob sie noch in der Lage sind, die Steuerungs-Elektronik über den Stand der Dinge zu informieren. Hier gibt es gleich mehrere Optionen.
a. Motorsteuergerät (MSG)
Im Meßwerteblock 6 gibt es ein Feld „Pedalüberwachung“. In diesem Feld stehen die Ziffern 0 1 0. Wird das Bremspedal (rechtes Pedal) gedrückt, dann sollte die rechte Null zu einer Eins werden. Wird das Kupplungspedal (linkes Pedal) gedrückt, dann sollte die linke Null zu einer Eins werden.
b. Bremsen-Elektronik
Wird die ABS-Steuerung aufgerufen, dann gibt es einen Meßwerteblock, in dem es explizite Felder für Kupplungspedal und Bremspedal gibt. Da steht erst einmal „nicht betätigt“. Wenn man das jeweilige Pedal tritt, dann sollte daraus ein „betätigt“ werden.
Funktionieren die Pedale nicht in diesem Sinne, dann wird schnell klar, wo der Hammer hängt und man kann gleich zur Bestellung des jeweiligen Schalters schreiten.
Wer kein VCDS hat, kann die Diagnose auch per Multitester direkt am Schalter im Fußraum vornehmen. Das ist weniger komfortabel. Hierzu habe ich mir ein Verlängerungskabel mit zwei passenden Kabelschuhen gebastelt. Die schmalen Klemmen passen exakt in die Kontakt-Stifte vom Schalter. Die mittleren Kontakte der Schalter (Pin2 und Pin3) sind für Signalgebung (an die Motor-Steuerung) zuständig. Der Kupplungsschalter hat nur Kontaktzungen an Pin2 und Pin3.
Multitester auf Durchgangsmessung schalten und ran an die Kontakte:
Bleiben wir erst mal bei Pin2 und Pin3. Der Summton vom Tester ertönt dann beim Bremslichtschalter, wenn das Pedal ruht. Der Summton verstummt, wenn das Bremspedal gedrückt wird. Beim Kupplungsschalter ist es umgekehrt: der Summton ertönt erst, wenn das Pedal gedrückt wird.
Testen wir nun den Arbeitsstrom des Bremslichtschalters:
Werden Pin1 und Pin4 (Schalter für Bremslicht) getestet, dann gibt es keinen Summton, wenn das Pedal ruht -- schließlich sollen dann auch keine Bremslichter leuchten. Der Summer ertönt, wenn das Pedal gedrückt wird -- weil dann die Bremslichter aufleuchten müssen. Das gilt für korrekt funktionierende Schalter.
2. Der Teufel steckt im Detail
Tritt eine Störung auf der elementaren Signal-Ebene auf, dann zeigt sich die Störung unmittelbar und es gibt kein Rätselraten. Doch die Zahnräder des laufenden Schwachsinns können ineinander greifen und dann haben wir kein einfaches Störungs-Bild mehr. Und das betrifft vor allem den Bremslichtschalter, weil in diesen zwei Schalterfunktionen integriert sind. Allein der Übergangspunkt (ein Kontakt schaltet ab, der andere schaltet ein), kann zur Fehlerquelle werden, wenn das Schalt-Protokoll nicht exakt eingehalten wird. Das Motorsteuergerät empfängt (und überprüft) auch die Bremslicht-Spannung und kann daher checken, ob der Spannungswert stimmt und ob das Umschalten von Signal- auf Bremslicht-Spannung wie vorgesehen funktioniert. Ich kenne die Steuerungs-Software nicht gut genug, um zu wissen, was alles eine Fehlermeldung auslöst. Ich stochere hier ein wenig im Nebel herum. Jedenfalls sollte man sich nicht blind auf die Fehlermeldungen verlassen sondern im Anschluß gleich in die Meßwerteblöcke gehen und die Schalter-Signale abfragen. In vielen Fällen kann die Störung dann sofort einem Schalter zugeordnet werden.
Aber nicht immer. Richtig unangenehm sind die sporadischen Fehler, weil sie kommen und gehen.
Voll funktionstüchtig ist super, ganz kaputt ist gut, ein bißchen gestört ist Scheiße.
(Ich bin von Geburts wegen ein bißchen gestört; da könnt Ihr Euch ausmalen, was ich unter mir zu leiden habe -- für die hierzu passenden Fehlermeldungen sorgt regelmäßig meine Frau...).
3. Im Inneren des Bremslichtschalters
Wer sich die Mühe macht, einen gestörten Bremslichtschalter aufzumachen, der sieht eine Art Gleitschlitten, der über Kontaktflächen läuft. Der Knackpunkt ist der Gleitschlitten. Die sich bewegenden Kontakte (des Gleitschlittens) müssen mit einer gewissen Federspannung auf die statischen Kontakte drücken. Nachlassende Federspannung kann dazu führen, daß der Schleif-Kontakt abhebt.
Die Andruck-Power am Berührungspunkt wird kleiner und damit wird der Innen-Widerstand größer. Höherer Innenwiderstand bedeutet Spannungsverlust. In der Folge wird mehr Wärme im Schalter frei. Wird der Schleifkontakt wärmer, dann kann er sich verziehen. Fehler-Fortpflanzung.
Immer wieder ist zu lesen, daß Probleme mit dem Schalter verschärft im Sommer auftreten. Wird es im Wagen heiß, dann verschärfen sich auch vorhandene Kontakt-Probleme. Wenn dann zeitweilig der Kontakt verloren geht, wird im MSG ein sporadischer Fehler ausgewiesen. Das Schleifkontakt-Problem betrifft ausschließlich Pin2 und Pin3 bei Bremslicht- und Kupplungsschalter, also die Signalgebung. Für Arbeitsstrom sind die Schleifkontakte nicht ausgelegt.
Pin1 und Pin4 werden nicht über Schleifkontakte geregelt. Hier stellt eine Kontakt-Brücke die Verbindung her oder unterbricht sie. Das funktioniert im Prinzip genauso wie in einem Arbeitsstrom-Relais, nur daß im Bremslicht-Schalter rein mechanisch geschaltet wird und nicht mithilfe eines Elektromagneten.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht, einen defekten Bremslicht-Schalter zu öffnen und die Kontakte zu überprüfen. Die dünnen Schleifkontakte aus Kupfer hatten ihre Spannkraft verloren. Durch feinfühliges Nachbiegen konnte ich die Federkraft wieder herstellen. Danach kamen die dickeren Kontakte der Arbeitsstrom-Brücke dran. Diese verschleißen genauso wie die Kontakte in einem Relais -- durch Abbrand an den Kontaktflächen. Man kann die Kontaktflächen mit feinem Sandpapier glätten, so daß wieder der volle Arbeitsstrom hindurchfließen kann.
Der überarbeitete Bremslicht-Schalter hat nachher wieder einwandfrei funktioniert. Der Erfolg der Maßnahme hat mich selbst überrascht. Eigentlich wollte ich nur verstehen, wie der Schalter im Inneren funktioniert und herauskriegen, ob man überhaupt etwas machen kann -- ohne daß der Schalter in Einzelteile zerbröselt.
4. Strompfad vom Bremslicht-Schalter zum Bremslicht
Weil bei mir alle Messungen am Bremslicht-Schalter kein Ergebnis brachten (alles schien korrekt zu funktionieren), habe ich auf Verdacht die Bremsleuchten ausgetauscht. Die alten Glühlampen waren schon ganz schön runter. Der Austausch führte dazu, daß beim ersten und zweiten Drücken des Bremspedals die Bremslichter (und die obere Leuchtleiste) tot blieben. Erst beim dritten Versuch war das Bremslicht wieder da. Meine Vermutung:
Die neuen Bremslichter ziehen mehr Strom als die alten. Dadurch läuft mehr Strom durch den Schalter und das latente Kontakt-Problem wird akut. Der Schalter fällt aus. Die Steuer-Elektronik detektiert Probleme früh, häufig noch bevor es zum Total-Ausfall des Schalters kommt. Und dann sucht man sich den Wolf...
Ich habe dann einen neuen Bremslichtschalter eingebaut und das Problem war behoben.
Der absolute Schwachpunkt im Strompfad zu den Bremsleuchten ist die Kabel-Durchleitung zur Heckklappe. Wer hier den Gummischlauch runter zieht, dem schauen häufig Kabel mit mehrfach gebrochener Isolierung entgegen. Nicht selten sind Kabel komplett durchgescheuert. Zuweilen ist die Litze aber noch vollkommen intakt und nur die Isolierung im A.....
In aller Regel genügt es, sich auf den Heckklappen-Bereich zu konzentrieren. Der Kabelbaum durch den Innenraum nach hinten ist dagegen keine Sollbruchstelle. Es lohnt also nicht, auf Verdacht die komplette Innenverkleidung herauszureißen.
Faustregel:
Dort wo Kabel im Freien liegen und/oder ständig bewegt werden, sind Kabelschäden am wahrscheinlichsten. Es lohnt immer, Kabelstränge an exponierter Stelle zusätzlich zu ummanteln (einzupacken) und mit Kabelbindern zu fixieren. Wind, Wetter, Feuchtigkeit und Eigenbewegung sind für Kabel Gift -- zumindest auf lange Sicht.
Schöne Grüße vom Altensack.