Schmierstoff-Upgrade: Schmierstoffe der neuesten Generation

    • Fabia I

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      Schmierstoff-Upgrade: Schmierstoffe der neuesten Generation

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      Schmierstoffe Upgrade

      (Fest-)schmierstoffe der neuesten Generation


      Hallo zusammen,

      auch in dieser Fortsetzung zum Thema ´Schmierstoffe´ geht es um elementare Wissensvermittlung, mit dem Ziel, daß am Ende jeder mit dem hier Dargebotenen etwas anfangen kann. Ich bemühe mich weiterhin darum, auch komplexere Zusammenhänge so einfach und so anschaulich wie möglich darzustellen.
      Wer in Grundzügen verstanden hat, worum es geht, kann sich später noch schlauer machen, in dem er weitere Infos (aus dem Netz) für sich an Land zieht. Doch dafür braucht es zuallererst eine Basis-Vorstellung, damit man weiß, aus welchen Bausteinen sich das Ganze zusammensetzt und wie die Teile zusammenspielen. Ich habe in grauer Vorzeit mal Chemie studiert, weswegen es mir leichter fällt, Bausteine zu erkennen und mit ihnen zu spielen.


      1. Ein neuer Stern am Schmierstoff-Himmel: Fullerene

      Im Feststoff-Kapitel (meines Grundlagen-Threads) hatte ich als erstes Graphit beschrieben. Ich hatte gesagt, daß man sich Graphit wie einen Stapel loser Blätter vorstellen kann, die locker aufeinander liegen. Auf der Papierebene ist jedes Blatt (in sich) stabil, doch zwischen den Blättern besteht ein kleiner Zwischenraum. Pustet man die Blätter von der Seite an, dann verschieben sich die Blätter ganz leicht. Diese leichte Beweglichkeit zwischen den Blättern macht Graphit zu einem hervorragenden Festschmierstoff. Der Nachteil von Graphit ist seine begrenzte thermische Belastbarkeit. Oberhalb von 400 Grad beginnen die Blätter zu zerfallen -- sie verbrennen dann einfach, weil Graphit reiner Kohlenstoff ist und die Blätter zu den Rändern hin offen sind.

      Fullerene lassen sich aus Graphit herstellen. Dazu nimmt man (bildlich gesprochen) einen Bogen (Graphit-)Papier, schneidet ein passendes Stück aus und biegt es zu einer Hohlkugel. Das bekannteste Fulleren ist eine Hohlkugel, die sich aus 60 C-Atomen zusammensetzt und im Modell aussieht wie ein Fußball....das C60-Fulleren. Im Gegensatz zum Graphit, sind einige Fulleren-Kugeln sehr stabil gegenüber thermischer Belastung. Zu den hochstabilen Fulleren-Kugeln gehört auch das C60-Fulleren, das als Schmierstoff eine immer größere Rolle spielt. Im Gegensatz zu den nach den Seiten hin offenen Graphit-Blättern, sind die Fulleren-Kugeln in sich geschlossen. Die geschlossene Kugelform erhöht die Stabilität.

      Beim Graphit stehen senkrecht auf dem molekularen Blatt Papier freie Elektronenpaare, die zwischen den Blättern für Abstand und für die freie Beweglichkeit der Blätter (also für den Schmier-Effekt) sorgen. Diese freien Elektronenpaare gibt es ebenfalls beim Fulleren. Wenn man auf den Fulleren-Fußball oben drauf die freien Elektronenpaare aufmalt, dann sieht das ähnlich aus wie das Corona-Virus mit seinen Spikes auf der Kugel-Oberfläche. Die Spikes heften sich an Zellmembranen und die freien Elektronenpaare des Fulleren heften sich an Metalloberflächen. Die freien Elektronen funktionieren dabei wie winzige Magnete.
      Man kann es sich wie Kletten-Kugeln vorstellen, die sich am Stoff einer Hose verhakt haben. Allerdings ist beim Fulleren jede Klettenkugel winzig klein -- dafür die Zahl der molekularen Klettenkugeln gigantisch groß. Alle Kugeln zusammen bilden ein dichtes Netz, das die Metalloberflächen vollständig überzieht und für einen stabilen Schutzfilm sorgt. Die Metall-Oberflächen werden auf diese Weise hochstabil voneinander getrennt. Von nun an reibt nur noch eine Fulleren-Schicht an der anderen, aber nicht mehr Metall auf Metall. Grob vereinfacht kann man sich die Fullerene auch wie Kugeln in einem Kugellager vorstellen. Die molekularen Kugeln rollen zwischen den Metall-Oberflächen hin und her, ohne beiseite geschoben zu werden -- weil sie wie Mini-Magnete sowohl an den Metalloberflächen als auch aneinander haften. Da die Kugeln hohl sind, sind sie nicht hart sondern elastisch und federn jeden Kontakt zwischen Metall und Metall wirkungsvoll ab.

      Fullerene sind Moleküle und treten als reine Substanz nicht in Erscheinung. Im Motoröl lösen sich Fullerene vollständig auf und werden schlicht zu einem Additiv des Motoröls. Deswegen sieht ein Motoröl mit Fullerenen genauso aus wie ein Motoröl ohne. Da schwimmen keine festen Teilchen im Öl rum.
      Mir geht es um Wissens-Vermittlung. Alles was ich hier von mir gebe, ist für den Leser erst einmal ein erzähltes Mittagessen. Ob jemand von der Theorie in die Anwendungs-Praxis springen will, muß jeder für sich entscheiden. An dieser Stelle kann, muß und wird jeder seine eigenen Erfahrungen machen -- wenn er denn der ausgelegten Fährte folgen will. Im Leben geht es um Überlegungen, Entscheidungen und Handlungen....und die Wege, die beschritten werden, sehen für jeden von uns immer etwas anders aus.

      In unseren Breiten ist es vor allem die Firma Bardahl, die ihren Schmierstoffen Fullerene zusetzt, sei es in fertig gemischten Motorölen oder in den Öl-Zusätzen des Unternehmens. Anders gesagt: wo Bardahl drauf steht, sind Fullerene drin.

      Persönliche Erfahrungen:
      Ich habe das Bardahl-Zeugs zum erstenmal im Wohnmobil (Fiat Ducato 2,3 Liter Diesel mit 130 PS) verwendet. Dieses WOMO ist wahrlich kein Rennpferd und Steigungen werden schnell zu einer zähen Veranstaltung -- weil die Kiste gnadenlos abkackt. Nach dem Ölwechsel mit Bardahl fiel mir auf, daß der Motor besser Gas annimmt und am Hang nicht so schnell außer Puste kommt. Wo ich vorher den zweiten Gang bemühen mußte, hält die Karre jetzt auch noch im dritten Gang das nötige Drehmoment. Der Unterschied zwischen vorher und nachher ist bzw. war im vorliegenden Fall mehr als deutlich.

      Meine Vermutung:
      Der Turbolader wird besser geschmiert, baut früher Ladedruck auf und kann diesen im Anschluß länger halten -- selbst dann, wenn die bei diesem Motor extrem beschissen programmierte Drosselklappe (bei fallender Drehzahl) zumacht und dem Motor gnadenlos die Luft abschnürt. AGR ist immer Scheiße, aber AGR bei diesem Motor ist Scheiße zum Quadrat.

      Alles in allem läuft die besagte Maschine jetzt freier und kommt früher aus dem Quark. Ansonsten hat sich wenig geändert. Trotz magischem Ölzusatz ließ sich das WOMO nicht dazu bewegen, rückwärts durch den Feuerreifen zu springen....das hat mich ein bißchen enttäuscht.

      Schöne Grüße vom Altensack.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „altersack“ ()

      Upgrade Teil 2

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      Upgrade Teil 2: Mikro-keramische Schmierstoffe auf der Basis von Bor-Nitrid

      Es gibt verschiedene Konfigurationen von Bornitrid -- dreidimensional-kubische und zweidimensional-flache. Im vorliegenden Fall geht es vor allem um die flache Struktur. Das horizontale Bornitrid ist (vom Aufbau her) den besprochenen Graphit-Blättern so ähnlich, daß man hier vom weißen Graphit spricht, weiß deswegen, weil Bornitrid als weiße Substanz in Erscheinung tritt. Bor-Atome und Stickstoff-Atome sind dabei abwechselnd so miteinander verbunden, daß ein horizontales Molekül-Netz in der Fläche entsteht. Dieses Netz ist (im Vergleich zum annähernd gleich aufgebauten Kohlenstoff-Graphit) hochstabil.

      Bei Keramik denkt man eher an Porzellan, Steingut, Sandpapier und Schotter -- oder an Staubkörner, die der Luftfilter heraussieben muß, weil sie sonst das Innere des Motors zerkratzen. Doch nicht jede keramische Verbindung scheuert an den Metalloberflächen. Weißes Graphit trägt kein Metall ab, sondern schützt das Metall und fügt an manchen Stellen sogar noch Substanz hinzu, so daß die Oberflächen homogener (glatter) werden. Selbst blankpolierte Metalloberflächen gleichen unter dem Mikroskop einem Gebirge. Die winzigen Keramikblättchen des weißen Graphit sind in der Lage, sich in den Tälern des Metallgebirges einzunisten und auf diese Weise die Metalloberflächen zu glätten. In dem die Mikro-Blättchen die Täler auffüllen, wird das Hochgebirge zum flacheren Mittelgebirge. Dem Motoröl fällt es dadurch leichter, die Zwischenräume sauber abzudichten. Weniger Blow-by-Gase, höhere Kompression, etwas höherer (stabilerer) Öldruck und ein geringerer Ölverbrauch sind die logische Folge.

      Horizontales Bornitrid ist als Rohsubstanz ein weißes Pulver, das bereits im trockenen Zustand schmierfähig ist. Im Gegensatz zum Kohlenstoff-Graphit, kann es elektrischen Strom nicht leiten. Dafür ist das weiße Graphit chemisch und thermisch hochstabil....im Motor quasi „unkaputtbar“. Als besonderes Schmankerl kommt hinzu, daß weißes Graphit eine überragende Wärmeleitfähigkeit besitzt. Weißes Graphit leitet Wärme besser als Kupfer. Mit weißem Graphit in der Blutbahn, kann das Motoröl die Wärme so gut ableiten, als wäre es flüssiges Metall. Damit lassen sich Temperaturspitzen im Motor abbauen und thermische Hotspots entschärfen. Mir fällt spontan der Turbolader ein, der auf eine wirkungsvolle Öl-Kühlung dringend angewiesen ist. Allein der Wärmeleit-Effekt ist ein guter Grund, dem Öl weißes Graphit zuzusetzen. Ein weiteres Schmankerl ist die beinharte Stabilität des Schmierfilms. Unter hohem Druck wird die Schmierfähigkeit von weißem Graphit sogar noch besser. Bornitrid ist chemisch inert. Es reagiert weder mit Metallen noch mit Motorölen....und thermisch stabil bleibt der gute Stoff bis weit über 1000 Grad.

      Es gibt fertig gemischte Additive im Handel, das sind in Motoröl gelöste Keramik-Partikel, wobei die Mischung meistens aussieht wie Milch. Fertige Mischungen gibt es z.B. von Mannol, von LM und von Wagner. Die im Öl gelösten Keramik-Teilchen sind wenigstens zehnmal kleiner als die Porengröße im Ölfilter. Es besteht also keine Gefahr, daß die schmalen Blätter im Filter oder sonstwo hängenbleiben und irgendwas verstopfen. Vor „Verstopfungen“ warnen regelmäßig jene, die Angst davor haben, daß der Geldfluß in ihre Richtung verstopft werden könnte....wer laut droht, fühlt sich bedroht....

      Flatterhaften Gesellen wie mir, gehen pauschale Horror-Meldungen aus Prinzip am A.... vorbei. Mit Marketing-Sprech halte ich mich nicht lange auf, sondern schaue hinter den Framing-Vorhang. Der laut verkündete „Weltuntergang“ hat in meinem Leben noch nicht stattgefunden. „Qualitäts-Ersatzeile“, die nach kurzer Laufzeit die Grätsche machen, habe ich dagegen schon oft in Händen gehalten (....„bedauerlicher Einzelfall“....).
      Mein Anliegen ist es, die Haltbarkeit von Gerätschaften zu erhöhen -- und das in einem industriellen Umfeld, daß auf programmierte Selbstzerstörung vieler Baugruppen setzt. Hat sich schon mal jemand gefragt, warum die Gleitschienen heutiger Steuerketten immer aus Billig-Kunststoff hergestellt werden? Die Dinger verspröden....und brechen im Anschluß weg. Damit das nicht so auffällt, baut man schwachbrüstige Steuerketten ein, die sich zügig in die Länge ziehen.
      Wenn das der Stand der Technik ist, dann macht es bei Neuwagen überhaupt keinen Sinn mehr, sich über das „richtige Ölwechsel-Intervall“ Gedanken zu machen....weil unter dem Blech (nach Hersteller-Vorgaben) bereits das Selbstzerstörungs-Programm läuft. Mit frischem Öl längt sich die Steuerkette genauso wie mit älterem Öl >> weil der Hersteller das so vorgesehen hat. Der Gipfel programmierter Selbstzerstörung sind Zahnriemen im Ölbad....die jeden ab Kaufvertrag zum nützlichen Idioten eines ausgeklügelten Systems machen....stets auf Rechnung des Kunden.
      Es kann nicht mehr lange dauern, bis Dachziegel aus Altpapier hergestellt werden....das beschert den Dachdeckern dann immer volle Auftragsbücher....aber Hauptsache „öko“.

      Praktische Erfahrungen mit weißem Graphit:

      Das Getriebe meines 1,4 Pumpedüse Fabia ist nicht mehr ganz frisch und gibt schon eine Weile mahlende Geräusche von sich (vermutlich ein Getriebewellenlager im Endspiel....). In letzter Zeit wurde die Schaltung zudem immer hakeliger. Besonders der Wechsel vom 3. in den 2.Gang wurde langsam zur Herausforderung. Dabei habe ich erst vor einem Jahr das Getriebeöl gewechselt.
      Ich habe mir den Keramik-Cocktail von Wagner (im 1000 ml - Gebinde) besorgt und ca. 300 ml davon ins Getriebe geträufelt. Ich stand dem Keramik-Stoff zunächst mißtrauisch gegenüber, sagte mir aber (zur Nerven-Beruhigung), daß ich im angezählten Fabia-Getriebe nicht mehr viel kaputtmachen kann.
      Meine Befürchtungen schwanden, weil sich bereits nach einem Tag alle Gänge leichter einlegen ließen....derart butterweiche Schalt-Übergänge hatte ich beim Fabia bis dato nicht erlebt. Nach etwa einer Woche war auch das mahlende Getriebe-Geräusch kaum noch zu vernehmen. Wenn einem soviel Gutes in so kurzer Zeit widerfährt, dann wächst die Begeisterung. Die Liter-Pulle Wagner Keramik hat mich knapp 90 Euronen gekostet. Der Einbau eines frischeren Getriebes hätte mich locker 2.500 Euro gekostet -- alles in allem ein gutes Geschäft.

      Beseelt vom Rausch des Erfolges, habe ich nachfolgend auch dem Motor einen frischen Ölwechsel gegönnt und dann 300ml Keramik-Lotion ins Motoröl gegeben. Danach lief der Dreizylinder unauffällig wie immer. 300 Kilometer später lief die Maschine noch ein bißchen unauffälliger. Der Dreizylinder-Pumpedüse-Diesel neigt zu unrundem Leerlauf, doch inzwischen ist der Leerlauf so glatt und ruhig wie bei einem Vierzylinder-Common-Rail-Diesel. Die vorher latent vorhandene Anfahrschwäche (an der Ampel) hat sich komplett verabschiedet. Einkuppeln im Leerlauf genügt und die Karre setzt sich (ohne Gasgeben) in Bewegung -- ein Hinweis auf bessere Kompression und damit mehr Bumms aus dem Drehzahlkeller heraus. Der Dreizylinder-Pumpedüse ist der ideale Test-Motor für solche Sachen, gerade weil dieser Motor von Hause aus ein ruppiger Geselle ist. Selbst kleine Unterschiede machen sich deutlich bemerkbar.

      Die Keramik-Teilchen schmieren nicht nur, sie bauen die Metalloberflächen ein Stück weit neu auf....sie homogenisieren die Oberflächen. Baugruppen, die hiervon besonders profitieren, sind Nockenwelle und Ventiltrieb, Steuerkette und Turbolader (soweit vorhanden)....und natürlich alle Lager und Lagerschalen.
      Bei meinem Dreizylinder habe ich gerade (nach knapp 400.000 km) Nockenwelle und Hydrostößel erneuert. Die Nocken waren vorne (an der Spitze) etwas eingelaufen und die Auflagefläche der Hydros wurde langsam rauh. Ich bin zuversichtlich, daß sich der Nockenwellen-Verschleiß (gerade beim hochbelasteten Pumpedüse-Motor) durch die Keramik-Schmierung nochmal deutlich reduzieren läßt. Am Ende überlebt mich der Fabia um Jahrzehnte....wird EU-Uschi nicht gefallen....

      Keramik-Zusätze sind nach meiner Einschätzung maßgeschneidert für ältere Fahrzeuge mit wenigstens 100.000 Kilometern auf der Uhr. Erst nach einer gewissen Laufzeit ist durch Abrieb genügend Zwischen-Raum (zwischen Metall und Metall) entstanden, damit das weiße Graphit seine Nische findet, um seine positiven Wirkungen voll auszuspielen. Bei einem jungen Motor (unter 50.000 km) würde ich auf Keramikzusätze entweder generell verzichten oder zumindest die zugesetzte Keramikmenge drastisch reduzieren.
      Bei jungen Fahrzeugen halte ich Fullerene als Ölzusatz für die bessere Wahl. Hier gilt: Ausprobieren, Ausprobieren, Ausprobieren. Am Ende muß jeder seine eigenen Erfahrungen machen und sich an sein persönliches Optimum herantasten.
      Persönliche Erfahrungswerte sind durch nichts zu ersetzen.

      Schöne Grüße vom Altensack.

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von „altersack“ ()