Octavia (2) ist ein "Raum-Gleiter"

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      Octavia (2) ist ein "Raum-Gleiter"

      Skodas Neuer bietet Komfort und Platz im Klassen-Übermaß / Gutes Preis-Leistungsverhältnis

      Es gibt Autohersteller, bei denen der Wandel das einzige beständige ist. Mit jedem Modellwechsel brechen sie mit dem Design des Vorgängers, als wären sie noch auf der Suche nach ihrer Linie. Ganz anders Skoda. Der völlig neu entwickelte Octavia stellt sich wie ein alter Bekannter vor. Irgendwie ist es, als ob man ein Ei ausbrühtet und aus der Schale schlüpft wieder ein Ei. Chefdesigner Thomas Ingenlath formuliert es so: "Mit dem neue Modell haben wir eines der attraktivsten Fahrzeuge in seinem Segment geschaffen und auf modische Gags bewusst verzichtet."

      Es geht nicht um irgendeine Fahrzeugklasse, sondern um das am heißesten umkämpfte C-Segment. Besser bekannt unter "Golf-Klasse", womit die Messlatte, nach der sich alle strecken müssen, schon genannt ist.

      Skoda fällt es leicht, in den Vergleich mit dem neuen Golf zu gehen, denn schließlich hat man entscheidende Gene mit dem Konzernbruder gemeinsam. Der Octavia wurde auf der Bodengruppe des Golf V aufgebaut. In vielen Details gleichen sich der erfolgreiche Wolfsburger und sein tschechischer Verwandter. Das wird natürlich vor allem im Innenraum augenscheinlich, wo sich beide Häuser ihre Teile aus dem gleichen Regal holten.

      Äußerlich ist der Soda aus der Kompakt-Kategorie geblieben, was schon sein Vorgänger war: ein unprätentiöses Fahrzeug, dessen klassisch gestylten Silhouette ihn zur zeitlosen Erscheinung machen. Nur dass der Octavia im Vergleich zu seinem biederen Vorgänger nun um den mächtigen Kühlergrill herum, der den Wagen eindeutig als Skoda ausweist, ein wenig mehr Gesicht in der Menge zeigen darf. Dafür sorgt die erhabene und nach vorne hin etwas gepfeilte Mittelpartie der Kühlerhaube, die die Kotflügel mit den Rechteckscheinwerfern als eigenständige Elemente ausgrenzt. Die Seitenpartie ist frei von einprägsamen Schnitten. So flach im Auftritt war höchstens ein VW Jetta. Auch das Heck würde sich in diese auffällig um Unauffälligkeit bemühte Linie einordnen, zögen nicht die prägnanten Rücklichter ein wenig mehr Aufmerksamkeit auf sich.

      Schickimicki ist ganz sicher nicht das Ding eines Skoda. Im VW-Konzern bleibt der tschechischen Marke die sicher nicht unangenehme Aufgabe, mehr zu bieten als die Konkurrenz. Das macht auch im eigenen Haus nicht Halt. Der Octavia übertrifft den Gen gebenden Golf um über 30 Zentimeter Länge. Die stecken fast ausschließlich im Heck, wo der Skoda mit 560 Litern Fasungsvermögen unter der Kofferraumhaube klar die in diesem Segment üblichen Dimensionen sprengt. Ist die Sitzbank umgeklappt, steckt der Octavia auch locker 1350 Liter weg. Die - trotz Stufenheck - mitsamt der Heckscheibe weit öffnende Klappe erleichtert das Beladen des Gepäckraums.

      Auch im nüchtern aber vorbildlich funktionell gestalteten Innenraum hat der Kompakte Raum im Klassen-Übermaß. So viel Ausdehnungsmöglichkeiten sucht man selbst in Fahrzeugen der unteren Mittelklasse meist vergeblich. Vorne ist der Platz ohnehin üppig, doch auch im Fond ist keiner gezwungen, dem Vordermann die Knie ins Kreuz zu drücken. Der hat ohnehin schon - selbst im komplett zurückgedrehten Zustand - genug Ärger mit der serienmäßigen Lordosenstütze. Sie ist der einzige Grund, dass in Sachen Bequemlichkeit geringe Abstriche gemacht werden müssen. Ansonsten lassen die Sitze durch die vielseitigen Verstellmöglichkeiten problemlos die richtige Position zu.

      Im Zusammenspiel mit dem Fahrwerk entstand so gewissermaßen ein "Raum-Gleiter". Komfort - fast schon im französischen Sinn - war den Konstrukteuren sicher weit vor Sportlichkeit auf die Liste der zu erledigenden Arbeiten gesetzt. Der Octavia wirkt in vielerlei Hinsicht gemütlich. Die Servolenkung liefert viel Unterstützung, vielleicht schon etwas zuviel. Das Fahrwerk ist weich und komfortabel abgestimmt. Bei allem hat man das Gefühl, in der vergleichweise hohen Sitzposition über allem zu thronen, was die Fahrt zu einem Ärgernis machen könnte. Fahrbahn-Unebenheiten werden klaglos geschluckt.

      Wie das Sechsganggetriebe funktioniert irgendwie alles am Octavia. Die Schaltwege wirken etwas lange, die Gangwechsel eher schwammig als knackig. Doch der Eindruck täuscht: Der Knüppel wird förmlich in die Gassen der Schaltkulisse gesogen. Schalten - wie das Fahren insgesamt - wird so durchaus zum Lustgewinn.

      Denn bei aller Bravheit macht das Skoda-Fahrwerk auch die harte Gangart mit. Die möglichen Kurvengeschwindigkeiten sind höher, als man es bei diesem Abrollkomfort erwartet. Das aktive Fahrwerk ESP ist meist zur Untätigkeit verdammt. Wenn es in die Arbeit eingreift, dann fast unmerklich.

      Zum unspektakulären Auftritt passt auch der getestete 1,6-Liter-Benzinmotor mit 102 PS. Der mäßig durchzugsstarke Vierzylinder setzt bei 3800 U/min ein maximales Drehmoment von bescheidenen 148 Nm frei. Trotzdem hat man nie das Gefühl, untermotorisiert zu sein. Das bestätigen auch die Fahrleistungen. 12,3 Sekunden vergehen, ehe der Wagen auf 100 Stundenkilometer beschleunigt ist. Die Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h zeigt, dass es auf der Autobahn nicht nur problemlos möglich ist, mit dem Verkehr mitz schwimmen, sondern sich sogar von ihm abzusetzen. Eine der Stärken des Treibwerks ist der geringe Verbrauch. Im Test gab sich der Einspritzer mit 8,8 Liter Normalbenzin für 100 Kilometer zufrieden.

      Skoda bietet den besten Gegenwert fürs Geld, fanden 42,1 Prozent der über 30 000 Auto-Zeitung-Leser, die sich an einer Umfrage beteiligten. Sie setzten die Tschechen damit auf den ersten Platz dieses Image-Reports. Sieht man die Liste der serienmäßigen Ausstattung, weiß man, was neben dem großen Platzangebot und der tadellosen Verarbeitung maßgeblich zu diesem Ergebnis beigetragen hat. Zehn Airbags, Antriebsschlupfregelung und Antiblockiersystem erhöhen in allen Octavia die Sicherheit. Das elektronisches Stabilitätsprogramm hingegen gibt es erst ab der Ambiente-Reihe oder gegen 300 Euro Aufpreis. Elektrische Außenspiegel, verstellbares Lenkrad, Zentralverriegelung, sowie höhenverstellbare Sitze vorne bieten bereits die Basismodelle mit dem Beinamen "Classic". Die Klimaanlage muss dort mit 1090 Euro extra bezahlt werden. Für "Ambiente" und "Eleganz" ist sie Serie.

      Octavia-Besitzer kann man schon für 14.490 Euro werden, wenn man sich mit dem 1,4-Liter-Basismotor und der Classic-Ausstattung begnügt. In der gleichen Linie kostet der 1,6-Liter Benziner (102 PS) 15.690 Euro, der 105 PS starke 1,9-Liter-Dieselmotor 17.590 Euro.

      Motoren mit mehr Leistung kombiniert Skoda erst ab der Ambiente-Ausstattung. Dann stehen auch ein 115-PS-Benzinmotor mit 1,6 Liter Hubraum und ein 2,0-Liter-Diesel mit 140 PS zur Wahl. Den stärksten Diesel im am besten ausgestatteten Octavia Elegance lässt sich Skoda mit 23.690 Euro vergüten.

      Fränkische Nachrichten